Unterprojekte innerhalb von NTAutonomy
NTAutonomy ist in sieben Unterprojekte gegliedert, die die unterschiedlichen historischen, geografischen und politischen Kontexte widerspiegeln, in denen nicht-territoriale Autonomie gedacht und angewendet wurde. Die Arbeitspakete 3–6 verweisen zusätzlich auf die Breite des ideologischen Spektrums, von ganz links bis ganz rechts, in dem nicht-territoriale Autonomie gedacht werden konnte.
Die genaue Beschreibung können Sie hier herunterladen
- UP 1: Die Habsburgermonarchie als Laboratorium der Nationalitätenpolitik, 1848–1914
- UP 2: Die kritische Bewertung nicht-territorialer Autonomie im Königreich Ungarn, 1848–1919
- UP 3: Die implizite Übernahme nicht-territorialer Autonomieelemente im revolutionären Russland, 1917–1925
- UP 4: Die Umsetzung nicht-territorialer Autonomie in der sozialistischen Ukrainischen Volksrepublik, 1917–1921
- UP 5: Die Übersetzung nicht-territorialer Autonomieideen in das liberale Umfeld der Baltischen Staaten, 1918–1940
- UP 6: Die Instrumentalisierung dieser Idee im rechtsextremen Milieu der Sudetendeutschen Partei in den 1930er Jahren
- UP 7: Nicht-territoriale Autonomieelemente im internationalen Minderheitenschutz des 20. Jahrhunderts
UP 1: Die Habsburgermonarchie als Laboratorium der Nationalitätenpolitik, 1848–1914
Dieses Unterprojekt spürt den Anfängen dieser Idee in der Habsburgermonarchie nach und untersucht ihre Zirkulation und ihren Wandel bis zum Ersten Weltkrieg. Zeitgenössische Verfechter dieses Konzepts reichten von austromarxistischen Theoretikern und liberalen Juristen bis hin zu politischen Akteuren in Mähren, Bosnien, Galizien und der Bukowina. Sie alle waren durch einen eng verflochtenen öffentlichen Raum miteinander verbunden. Dieses Unterprojekt möchte zeigen, dass ab der Jahrhundertwende viele Zeitgenossen nicht-territoriale Autonomieelemente als den Schlüssel zur Lösung nationaler Konflikte ansahen.
UP 2: Die kritische Bewertung nicht-territorialer Autonomie im Königreich Ungarn, 1848–1919
Dieses Unterprojekt untersucht Marxistische Ideologen in dem ungarischen Teil der Habsburgermonarchie, die die Idee von Nicht-territorialer Autonomie, in dem Sinne von Otto Bauer und Karl Renner, entweder akzeptiert oder abgelehnt haben. Zeitlich konzertiert sich das Projekt an der Zeitspanne zwischen die Jahrhundertwende und das Ende des Ersten Weltkrieges, mit einem Ausblick auf den 19ten Jahrhundert und die Zwischenkriegszeit. Mit Bezug auf politischen Pamphlets, Parteiprotokollen, Presse und Personalnachlässe, das Vorhaben untersucht und analysiert zeitgenössischen Ideen und Modellen zum Umgang mit nationaler und sprachlicher Vielfalt in der sozialdemokratischen Bewegung und in der Staatsverwaltung. Im weiteren Sinn, Ziel des Projekts ist die Überlappungen zwischen Modernität (und dessen ungleiche Verbreitung) und nationalem Diskurs zu zeigen.
UP 3: Die implizite Übernahme nicht-territorialer Autonomieelemente im revolutionären Russland, 1917–1925
Dieses Unterprojekt untersucht, wie und in welchem Ausmaß das Konzept der nicht-territorialen Autonomie in das politische Spektrum der radikalen Linken übersetzt werden konnte. Während Menschewiki, Sozialrevolutionäre und Jüdische Bundisten diese Idee aktiv propagierten, kritisierten die Bolschewiki das austromarxistische Modell als bürgerlich und nationalistisch. Die Arbeitshypothese dieses Unterprojekts ist jedoch, dass die junge Sowjetunion bei der Selbstverwaltung der nicht-russischen Bevölkerung aus pragmatischen Gründen auch mit nicht-territorialen Autonomieelementen experimentierte.
UP 4: Die Umsetzung nicht-territorialer Autonomie in der sozialistischen Ukrainischen Volksrepublik, 1917–1921
Dieses Unterprojekt erforscht die Ursprünge des ukrainischen Gesetzes zur national-personalen Autonomie von 1918, das als erstmalige Umsetzung des nicht-territorialen Autonomiekonzepts gilt. Die kurzlebige sozialistischen Ukrainische Volksrepublik gewährte ihrer russischen, polnischen und jüdischen Minderheit autonome, nicht-territoriale Vertretungskörper. Dieses Arbeitspaket untersucht die geistigen Verbindungslinien, die zwischen ukrainischen Politikern, austromarxistischen Schriften und den früheren nationalen Ausgleichen in der Bukowina und in Galizien bestanden.
UP 5: Die Übersetzung nicht-territorialer Autonomieideen in das liberale Umfeld der Baltischen Staaten, 1918–1940
Im Rahmen dieses Unterprojekts geht es um die liberale Interpretation und Umsetzung nicht-territorialer Autonomie im Baltikum der Zwischenkriegszeit. In 1919 erhielten Minderheiten in Lettland Autonomie im Bereich der Bildung. Ein Jahr später verabschiedete Litauen ein Gesetz zur nicht-territorialen Autonomie für Juden, welches auf der traditionellen, allerdings entkonfessionalisierten, jüdischen Selbstverwaltung basierte. Schließlich führte Estland in 1925 ein Gesetz zur kulturellen Autonomie ein, welches als minderheitenfreundlichstes in Europa gelten kann. Dieses Unterprojekt erforscht, wie politische Akteure (aus Minderheits- und Mehrheitsgesellschaften) eigene Modelle nicht-territorialer Autonomie ausgearbeitet haben, ob sie dabei austromarxistischen Einflüssen unterlagen, und inwieweit sie an transnationalen Debatten zum Minderheitenschutz teilhatten.
UP 6: Die Instrumentalisierung dieser Idee im rechtsextremen Milieu der Sudetendeutschen Partei in den 1930er Jahren
Dieses Unterprojekt untersucht die rechtsradikalen Anpassungen der nicht-territorialen Autonomie in der Zwischenkriegszeit und konzentriert sich dabei hauptsächlich auf das ethno-föderalistische Modell der Sudetendeutschen Partei. Es erkundet, wie die deutschen Minderheitsaktivisten in der Tschechoslowakei, die mit dem Mährischen Ausgleich, den austromarxistischen Schriften und den Empfehlungen des Europäischen Nationalitätenkongresses Kongresses vertraut waren, nicht-territoriale Autonomie zu einem Werkzeug völkisch-nationalistischer Politik transformierten. Das Hauptziel ist zu zeigen, wie und warum die ursprünglich liberale Idee an die Sprache und Bedürfnisse illiberaler oder sogar rassistischer Ideologien angepasst werden konnte.
UP 7: Nicht-territoriale Autonomieelemente im internationalen Minderheitenschutz des 20. Jahrhunderts
Dieses Unterprojekt erforscht, welche Rolle nicht-territoriale Autonomiekonzepte im internationalen Minderheitenschutz im 20. Jahrhundert spielten. Es untersucht insbesondere transnationale Interessensvertretungen wie etwa den Europäischen Nationalitätenkongress, der diese Idee aktiv unterstützte. Uns interessieren die Interaktionen solcher Minderheiten-NGOs mit internationalen gesetzgebenden Organisationen wie beispielsweise dem Völkerbund oder der OSZE. Letztere standen dem Konzept der nicht-territorialen Autonomie sehr kritisch gegenüber, nicht zuletzt weil sie individualrechtliche Garantien als zielführender betrachteten als kollektivrechtlichen Minderheitenschutz.